Weniger Reiz. Mehr Fokus.
Seit ein paar Tagen ist mein Handy grau.
Nein, das ist kein Bug. Sondern ein kleines Experiment, inspiriert von einer aktuellen Studie.
Dabei wurde untersucht, was passiert, wenn Menschen ihr Smartphone zwei Wochen lang nur zum Telefonieren und Texten nutzen, d.h. ohne Internetzugang auf dem Handy und ohne Apps.
Internet und Social Media waren nur am PC erlaubt, nicht auf dem Smartphone.
Wir beamen uns also zurück in die Nokia-Ära, als ein Handy noch kein Supercomputer war. Die Älteren unter uns werden wissen, was ich meine.
Was dabei herauskam:
Nach zwei Wochen fühlten sich die Teilnehmenden ausgeglichener, präsenter und deutlich weniger gestresst.
Viele berichteten, sie hätten mehr Zeit für Gespräche, Bewegung und Schlaf. Auch das subjektive Wohlbefinden stieg spürbar: weniger innere Unruhe, mehr Leichtigkeit.
Das hat mich neugierig gemacht.
Diesen Effekt kenne ich von Ayurveda-Urlauben oder Meditationsretreats, wenn mein Handy offline ist.
Doch im normalen Alltag? Mein Handy ohne Internet ist schlicht unrealistisch. Es ist schließlich mein Arbeitsgerät.
Also habe ich einen Mittelweg gewählt: den Graustufen-Modus.
Schon nach wenigen Stunden war der Effekt spürbar.
Apps wirkten plötzlich uninteressant.
Kein bunter Reiz, kein „Nur-mal-kurz-reinschauen“-Impuls.
Mein Gehirn schien sich zu langweilen und das fühlt sich gut an.
Ich habe gemerkt, wie oft ich automatisch zum Handy greife.
Nur aus Gewohnheit.
Gedankenloses Scrollen, wenn ich irgendwo warten muss.
Was steckt dahinter?
Jede farbige Notification, jedes Aufleuchten des Bildschirms aktiviert unser Belohnungssystem. Ein kurzer Dopamin-Kick.
Auch die bunten App-Icons signalisieren: „Da könnte was Spannendes passieren!“
Und genau das hält uns in einer ständigen Erwartungsschleife. Psychologisch ein kleiner Dauer-Stress. FOMO.
Ohne diesen Reiz stellt sich kognitive Entlastung und ein bewussteres Handeln ein.
In der Studie von von Castelo et al. zeigte sich genau dieser Effekt:
Die bewusste Entkopplung vom ständigen Online-Reiz stärkte die Fähigkeit, die eigene Aufmerksamkeit gezielter zu steuern.
Statt permanent zu reagieren, konnten die meisten wieder aktiv entscheiden, wohin sie ihre Energie lenken wollten. Mit messbar positiven Auswirkungen auf Konzentration, Selbstwirksamkeit und mentale Gesundheit.
Was ich aus meinem Experiment mitnehme:
Mein Handy darf inzwischen auch ab und zu wieder bunt sein. Google Maps oder Fotos in Grautönen machen nämlich wirklich keinen Spaß.
Aber für einen Großteil des Tages schalte ich gezielt auf Grau um.
Für mich geht es dabei nicht um Verzicht, sondern um Bewusstheit. Darüber wie stark digitale Reize meine Aufmerksamkeit lenken und wie wohltuend es sein kann, das Steuer selbst in die Hand zu nehmen.
Zwei Impulse zum Ausprobieren:
→ Teste den Graustufen-Modus für 24 Stunden: Was verändert sich?
→ Frage dich öfter: Was will ich gerade? Und was will mein Handy von mir?
Bist du noch Team Bunt oder schon Team Grau?

